09/3/24

Gestaltete und handillustrierte Texte

Neben der Entwicklung von künstlerischen Textkonzepten biete ich meinen Kunden auch die Möglichkeit, mit Kalligraphie und Illustrationen ihren Text auf unerwartete und aufmerksamkeitsstarke Weise zu inszenieren.
Illustrationen eignen sich nicht nur für Bücher. Durch Illustrationen kann ein Briefumschlag bzw. Brief zum Unikat werden, das  subtil und zielsicher den Eindruck eines außergewöhnlichen und hochwertigen Unternehmens vermittelt. Das optische Element überrascht vom ersten Augenblick an, erweckt Neugier, jeder Brief bleibt durch seine Einzigartigkeit, durch die perfekte Harmonie zwischen Rahmen und Inhalt und durch die gezeigte Sorgfalt und Originalität unvergesslich.
Noch ist dies keine bezahlte Leistung: Die Projekte, die hier vorgestellt werden, entstanden als Geschenk für zwei Kundinnen … und als Werbung in eigener Sache.

04/29/21

Stillleben sind die Zukunft des Marketings

Bild: Martine Paulauskas

Seien wir ehrlich: Die Produkte und Leistungen, die uns angeboten werden, sind austauschbar und werden immer austauschbarer. Asiaten essen Pizza, Europäer industrielle Ramen-Instant-Suppen, sie alle trinken Coffee to go einer großer amerikanischen Kette. Unsere Herkunft ist auch nicht mehr an unserer Kleidung oder Inneneinrichtung zu erkennen. Wir schreiben kontinentübergreifend auf den gleichen Computern jene Nachrichten, die auf der ganzen Welt zeitgleich auf einförmigen Netzwerken und Messengern zu lesen sind.

 

Marketing in der Sackgasse
Unter diesen Umständen fällt es immer schwerer, gleichförmige und oft gleichwertige Produkte überhaupt noch erfolgreich zu verkaufen. Der Vorzug wird demjenigen gegeben, der sich finanziell die quantitativ umfangreichere Kampagne leisten kann. Auch sie wird schnell langweilig, und es bleibt fast nur, auf die Mundpropaganda-Wirkung von Trendsettern und Influencern zu setzen.
Einen kleinen Schönheitsfehler hat diese Strategie schon: Eine volatile Welt erfordert ein volatiles und somit minderwertiges Geschäft, kurzlebige und damit kostspielige und unsichere Ansätze. Will sich das Marketing aus dieser prekären Lage befreien, werden tiefgründigere Überlegungen und fundiertere Mechanismen erforderlich sein.

So alt, so aktuell …
Methodologisch liegt die Lösung nah, die Bildende Kunst zeigt sie auf. Als Momentaufnahme mit rein ästhetischem Wert bietet das Stillleben alle Elemente, die Produktplazierung in unserer Zeit braucht. Es ist Produktporträt, Foodporn, Inszenierung und Storytelling zugleich.
Von den antiken Darstellungen von Obst und Wein über die Meister des 16. Jahrhunderts bis hin zu impressionistischen Werken oder der zeitgenössischen hyperrealistischen Malerei – Stillleben wirken durch die Stimmung, die sie vermitteln, aber auch und vor allem durch die Verbindung zwischen Komposition und der Fantasie des Betrachters, in diesem Falle also des Verbrauchers und potentiellen Käufers, der für sich, ob bewusst oder unbewusst, die Geschichte erzählt und zu Ende führt, sie nach seiner eigenen Vorstellungswelt gestaltet und moderiert.
Stillleben sind mehr als deskriptive Tableaus, sie sind eine Anleitung zum Fragen, Träumen, Wünschen, sie sind Belehrung und Angebot.

… so wirksam
Ob auf Instagram, Pinterest oder im Text – es sind die Stillleben, die uns zum Begehren anregen, die uns inspirieren, motivieren, überzeugen. In unserer sinnesüberflutenden Umgebung, in der Fülle und dem Überfluss der medialen Angebote und Entscheidungen, ist es das Stillleben, das der Werbung neue Wege der Einzigartigkeit aufzeigt.
Dies ist nicht nur der Beweis für die Zeitlosigkeit darstellender Genres und Werte, sondern auch ein Indiz dafür, wie sehr Ästhetik und Kunst in der Wirtschaft von morgen als Ausdrucksmittel, aber vor allem als Verkaufsargument und Differenzierungswerkzeug fungieren werden.

 

Der kaufmännische Erfolg von morgen ist nicht eine Innovation, ein Wundermittel, einen betriebswirtschaftlichen Jargonbegriff entfernt – nur ein Gemälde und die Geschichte, die es jedem einzelnen erzählt.

03/15/21

Kolumne – ein im deutschen Sprachraum in Verruf geratenes Genre

Kolumnen sind eine sehr alte Textform und im Grunde in vielfacher Hinsicht die Vorgänger mancher heutiger Blogbeiträge. Ihre Geschichte allerdings hat in den letzten Jahren eine unschöne Wendung genommen, und es ist zu befürchten, dass sie dem Zeitgeist anheimfallen – widersprüchlicherweise, leben wir doch in einer Welt, in der jeder über die elektronischen gesellschaftlichen Netzwerke seine Meinung kundtun kann und von dieser Möglichkeit reichlicher bis übermäßiger Gebrauch gemacht wird.

In früheren Zeiten galten Kolumnen nach dem investigativen Journalismus als prestigereiche Sparte des Zeitungswesens. Kolumnist zu werden bedeutete eine Beförderung und ein erhebliches Ansehen.
In der Tat erfordert die Kolumne besondere stilistische Fähigkeiten, die weit über diejenigen hinausgehen, die für die gewöhnliche Berichterstattung notwendig sind. Die wöchentliche Kolumne war in der säkularen Welt der Zeitung das, war der Messe die Predigt war.

Mit den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts jedoch begann das Blatt, sich zu wenden. Immer häufiger wurden Kolumnen – in der breiten öffentlichen Vorstellung, aber durch das Aufkommen der Online-Medien und des damit verbundenen Dilettantismus’ auch zum Teil in der journalistischen Szene – mit anderen Formen verwechselt. Die Grenzen zwischen Kolumne, Glosse, Kommentar und Leitartikel wurden zunehmend unscharf. Noch hätten sich die unterschiedlichen Ansätze gegenseitig bereichern können, aber es sollte anders kommen.

Mit der Jahrtausendwende entglitt die Kolumne schließlich dem Journalismus und verlor eines ihrer wichtigsten Merkmale: die Konstante des vertrauten und professionellen Autors. Gastartikeleitelkeit einerseits und die immer dringendere, wirtschaftlich bedingte Unumgänglichkeit eines Gebots der Attraktivität in einer sich selbst aufgebenden Branche andererseits führten dazu, dass der Kolumnist seine Funktion und seine journalistischen Eigenschaften einbüßte. Prominente (oder welche, die es gerne wären) wechselten sich nunmehr ab und änderten die Spielregeln nach Gutdünken und Imageimperativen. Eine verheerende Mischung aus Profilierungssucht und Leserheischerei leitete den Weg zu einem sinkenden Niveau von Textqualität und Themen ein.

Heute ist das Wesen dessen, was eine Kolumne ist und sein sollte, weitgehend vergessen und wird von Lesern überhaupt nicht mehr verstanden, wie die Kommentarfunktion bekannter deutscher Online-Magazine veranschaulicht.
Kolumnen werden besonders gern angegriffen und als grundsätzlich überflüssig betrachtet. Sie sind das bevorzugte Ziel von Rechthabereien und Wortklaubereien und fallen damit, wie viele andere Dinge im Bereich Text, Kunst und Kultur, dem allgemeinen Schrei nach nackten und somit undifferenzierten Daten und vermeintlich objektiven Fakten zum Opfer – als freue sich die Menschheit darauf, endlich von gefühlsneutralen Robotern abgelöst und ersetzt zu werden, als bettelte sie regelrecht darum. Meistens wird nicht die geäußerte Meinung, also der Inhalt kritisiert, sondern das Genre an sich, weil seine Daseinsberechtigung, sein Zweck, seine Absicht und sein Nutzen schlicht nicht mehr bekannt und nicht mehr verstanden werden, und mit einer Reihe falscher Vorstellungen einhergehen.

Dass ein Genre komplett und zudem in relativ kurzer Zeit obsolet wird, ist in der Geschichte des Textes ungewöhnlich und bedauerlich. Dass es ausgerechnet in Deutschland der Fall ist, verwundert allerdings zugegebenermaßen leider wenig. Text- und Formerziehung werden unter dem Vorwand teils historischer Altlasten, die es abzutragen gebe, teils einer erklärten resoluten Zukunftsorientiertheit, tatsächlich wohl eher aufgrund kultur- und mentalitätsgewachsener Denkmuster und Werte grundsätzlich, wissentlich und gezielt vernachlässigt bzw. unterbunden.

So bleibt nur zu hoffen, dass diese Krankheit des Textvergessens nicht allzu sehr um sich greift, sich innerhalb unserer Sprachgrenzen eindämmen lässt und nicht auch noch sie zu einer vernichtenden Pandemie wird.

03/12/21

Saisonales Schreiben und seine Bedeutung

Obwohl ich dieses Blog schon einige Zeit führe und ziemlich genau zeige, womit ich mich beschäftige, fällt es vielen Menschen schwer, zu begreifen, was ich tue. Im Grunde genommen fällt es ihnen eher schwer zu begreifen, was ich nicht tue. Ich frage mich manchmal, wie oft in den vergangenen Jahren ich berichtigend die Sätze aussprechen musste: „Ich bin aber nicht Texterin“, „Nein, ich schreibe keine Werbeclaims“. Wenn ich jedes Mal einen Euro dafür bekommen hätte … Nun ja, Sie wissen schon …

Künstlerisches Schreiben ist eine Grenzdisziplin und wird als solche missverstanden, ja unverstanden. Es hat sicher damit zu tun, dass immer das Bekannte und Naheliegende angenommen wird. Das Ungewöhnliche braucht Erklärungen.

Ein wichtiger Aspekt, der meinen Arbeitsprozess gut verdeutlicht, ist das saisonale Schreiben.
Im Gegensatz zu Textern brauchen Künstler die sinnliche Anregung, den Augenblick, die Unmittelbarkeit der Erfahrung.
Natürlich schreibe ich zuweilen auch aus der Erinnerung an diese sinnliche Wahrnehmung heraus, aber dennoch bleibt selbst in diesem Fall die Unmittelbarkeit wichtig, und es gibt immer einen konkreten Anlass, einen Auslöser, der die Erinnerung wieder regelrecht fühlbar, spürbar zum Leben erweckt und so die Unmittelbarkeit wiederherstellt: Es kann ein Licht, eine Farbe, ein Geruch, ein Zufall, ein Erlebnis, eine Begegnung sein – ja, so lächerlich und abgedroschen es klingen mag: eine Art Madeleine.
Texter sind in der Lage – und das ist mehr als nur bewundernswert –, über „tote“ Dinge zu schreiben, d.h. über Dinge, zu denen sie keinen sinnlichen Bezug haben und für die sie sich nicht einmal interessieren. Künstler dagegen brauchen die Lebendigkeit und die Echtheit der Erfahrung, um zu malen oder zu schreiben. Daran ändert auch die Notwendigkeit von Auftragsarbeit nichts.

Saisonales und damit künstlerisches Schreiben bedeutet in erster Linie, dass dem Schreiben ein Kontext gegeben werden muss: ein Raum, ein Ort, eine Stimmung, ein fassbarer Gegenstand, ein Wunsch, eine Situation, eine eindrucksstarke Erinnerung, ein Bild, ein Gefühl.
Der Unterschied zum Texter ist dem zwischen impressionistischer Malerei und moderner kaufmännischer Illustration oder Sketchnotes sehr ähnlich. Deshalb ist der Titel meiner Website „Impressionistische Texte“*. Während ein Maler auch bei Kommissionen ab einem Foto weiterhin in einem sehr erkennbaren Stil malt, kommt der Illustrator mit dem einfachen Befehl „Malen Sie mir ein paar Tomaten“ auch ohne lebendige Vorlage zurecht und greift dabei kontextfrei auf die Sicherheit seines handwerklichen Könnens und auf in seinem (Hirn-, aber auch Muskel-)Gedächtnis gespeicherte Muster und Schablonen zurück. Auch deshalb malt der Impressionist einen situativen Hintergrund, während der moderne kaufmännische Illustrator für die Bebilderung einer Speisekarte oder eines Supermarktprospekts etwa dies nicht braucht. Dies bedeutet nicht, dass einige Illustratoren nicht auch großartige Kunstwerke schaffen, bei denen der Unterschied zwischen Malerei und Illustration mitunter schwer zu erfassen ist oder sogar verschmilzt und die dem Betrachter zu Recht größte Bewunderung und Ehrfurcht abnötigen. Die Grenzen zwischen Tierporträts, botanischer Malerei und Illustration sind je nach Qualität in der Tat sehr fließend – hier wären viele Namen bemerkenswerter Künstler zu nennen. Aber in den meisten Fällen unterscheidet sich das Anliegen eines Illustrators, dessen Aufgabe es ist, Sushi-Häppchen auf eine Preisliste zu bringen, von demjenigen eines Kunstmalers in Auftragsarbeit.

Wenn potentielle Auftraggeber begreifen, dass ein wichtiger Teil meiner Arbeit saisonal ist, dann verstehen sie besser, was ich für sie tun kann und was nicht. Ich schreibe nicht auf Knopfdruck. Das können andere sehr viel besser. Ich fühle mich in den Textraum ein und gestalte ihn so, wie ich ihn erspüre. Ich erzähle von Stimmungen, Atmosphären – und sie sind nie von ihrem Kontext gelöst. Ein Hotelfenster im Winter erzählt nicht die gleichen Geschichten wie der Liegestuhl im Sommer oder die Frühstücksterrasse im Herbst. Die Gerüche des Weihnachtsmarkts sind nicht die des Apfelsaftfestes. Auch die Geräusche vor dem Hofladen folgen dem Rhythmus der Jahreszeiten.

Alles, was das Leben – auch meiner Auftraggeber – verändert, verändert auch die Texte, die ich für sie schreibe. Weil jeder Moment an einem bestimmten Ort einzigartig ist. Das ist saisonales, impressionistisches Schreiben. Nicht Texten.

*Dieser Satz bezog sich auf den Websitestand von 2021.

06/21/17

Unvergesslich: Was bleibt, ist das Besondere

Ein eidetisches oder ein perfektes autobiographisches Gedächtnis haben die wenigsten Menschen. Die meisten können sich nicht an alle Einzelheiten ihres Lebens erinnern, sondern lediglich an die Tage, die sich durch eine Besonderheit von anderen unterscheiden – sei es, weil sie ungewöhnlich schön, warm, kalt, traurig, glücklich, tragisch, sonnig, verregnet waren oder einen Meilenstein ihrer Biographie bildeten. Was uns bleibt und begleitet, ist nicht die Regel, sondern die Ausnahme, das Einzigartige.

Was im Privatleben gilt, ist im geschäftlichen Umfeld umso entscheidender. Aufmerksamkeit für ein Unternehmen, ein Produkt oder eine Idee zu generieren, ist angesichts der heutigen Fülle an Informationen, die zu kanalisieren und zu verarbeiten sind, nicht nur eine ohne erhebliches Budget kaum zu bewältigende Herausforderung, sondern bei weitem nicht mehr genug. Der im vergangenen Jahrhundert noch wirksame Überraschungsmoment wird mittlerweile nur dann in Erfolg umgewandelt, wenn er nicht zu flüchtig ist – wenn er auch in unseren Zeiten überreizter Sinne und unbändiger Inhaltsüberflutung erinnerungswürdig ist. Will sich ein Unternehmen dauerhaft ins Gedächtnis einprägen, muss es sich nicht nur von Wettbewerbern, sondern vor allem von der ganzen Vielfalt des Alltags abheben. Erlebnismarketing muss ebenso allzu logische und vorhersehbare Pfade verlassen. So werden selbst kleine Unternehmen mit überschaubaren Mitteln zu einer langfristig beachteten Marke.

Dies erfordert eine Qualität von Einzigartigkeit, die weit über die von Werbung und Positionierung ermöglichten Kategorien hinaus gehen muss. Dieser Weg kann etwa über besondere Formen der Kommunikation führen. Papier und Handschrift zum Beispiel bieten die Möglichkeit einer individuellen und daher positiv registrierten, wertschaffenden Kundenansprache.
Newsletter und Artketing sind hierbei nur ein Aspekt. Handgeschriebene und verzierte Dankeskarten auf besonderen Materialien – es muss nicht einmal immer Papier sein – runden nach einem umfangreichen Auftrag die Beziehung zum Kunden ab und schaffen ein emotionales Verhältnis, das mit keiner traditionellen Werbung zu erreichen wäre. Auch persönliche Geschichten als Verkaufsgeschenk neben der üblichen Weinflasche verstärken die Nachhaltigkeit der Erinnerung … und sind noch lange in greifbarer Nähe, wenn der Präsentkorb längst leer ist. Geschäftseröffnungen bieten Anlass für Textevents, die unzählige Facetten annehmen können: Text-Installationen können als ausgestelltes analoges Blog die Etappen der Firmengründung abbilden, Erzähler können den Besucher vor Ort und live mit Geschichten und Textporträts zum Mitnehmen beschenken.

Der Text als Kunst, Momentaufnahme und Geschichte ist für Unternehmen aller Größen und unabhängig von ihrem Werbe-Etat ein ideales Instrument, um Einzigartigkeit zu erschaffen – und damit dauerhaft unverwechselbar und unvergesslich zu werden.

03/14/17

Einzigartigkeit erschaffen

Täglich habe ich beruflich mit Menschen zu tun, die drei Dinge gemein haben: Sie sind Kleinstunternehmer, sie haben in den frühen 90er Jahren als Dienstleister gegründet … und sie glauben in keiner Weise daran, dass ihr Unternehmen einen Sinn oder einen Wert hat. „Im Grunde machen wir auch nur das, was alle in der Branche machen“ ist dabei der Satz, den ich am häufigsten höre. Marketing habe für sie daher keinen Nutzen, lohne sich nicht, sie seien viel zu klein und austauschbar; sie seien darauf angewiesen, sich auf Mundpropaganda zu verlassen, sie könnten aktiv keine Neukunden generieren.

Diese desillusionierte Einstellung überrascht mich immer wieder und stimmt mich bis zu einem gewissen Grad verständnislos nachdenklich: Wenn sie derart der Ansicht sind, dass ihre geschäftliche Tätigkeit dem Markt und somit dem Kunden nichts zu bieten hat, was es nicht schon tausendfach gäbe, und sie ohnehin nie wieder auf den berühmten Grünen Zweig kommen können… warum bringen diese Unternehmer die Konsequenz nicht auf und schließen ihre Firma einfach?
Doch bei aller Unlogik ist ihre Denkweise andererseits nachvollziehbar, wenn auch erschreckend engsichtig, eingleisig, phantasielos und nicht mehr zeitgemäß.

Ihr deprimierender Defätismus ist hauptsächlich auf zwei Faktoren zurückzuführen.
Zum einen haben sie ihr Unternehmen zu einer Zeit ins Leben gerufen, als noch keine Nische notwendig war, um Erfolg zu haben, weil der Wettbewerb schlicht begrenzt und die Nachfrage unerschöpflich war. Das Internet steckte in den Kinderschühchen, Solopreneure hatten wenn überhaupt nur selten Websites, und die Konkurrenz setzte sich lediglich aus einigen wenigen Einträgen im Telefonbuch zusammen. Für den Kunden waren die Vergleichs- und Recherchemöglichkeiten beschränkt. De facto rekrutierte jedes Unternehmen seine Kundschaft in einem geographisch sehr übersichtlichen Umkreis und war eher als lokal zu bezeichnen. Zudem war der Bedarf an Dienstleistungen nach dem Übergang der EWG in die EG in vielen Branchen auf einmal riesig, und die entsprechenden finanziellen Mittel waren beim Kunden auch reichlich vorhanden. Die Wahrheit ist: Man musste nichts Besonderes haben, bieten, können oder wollen, um relativ bequem mitunter viel Geld zu verdienen.
Zwanzig bis fünfundzwanzig Jahre später ist die Realität allerdings eine ganz andere. Die Konkurrenz ist mausklicknah erreichbar und transparent – weltweit. Wer sich nicht von anderen zu unterscheiden weiß, wer von Anfang an plan- und imagelos lediglich mit dem damals günstigen Strom geschwommen war, ohne sich zu fragen, was morgen sein könnte, wer Produkt und Werbung nicht regelmäßig angepasst hat oder nun die Energie und das Interesse nicht aufbringen will, neue Wege zu gehen und sich neu zu positionieren, merkt auch wirtschaftlich sehr schnell, wie entbehrlich er für Markt und Kunde geworden ist. Überforderung, Frust und Verbitterung sind das Ergebnis.

Neben dieser fragwürdigen unternehmerischen Haltung ist das Missverständnis aber nicht zuletzt in gleichem Maße inhaltlicher Natur.
Gerade bei Unternehmern besagter Generation herrscht allgemein eine zwar charmant ehrliche, jedoch schmerzlich naive Auffassung dessen, was eine Nische ist – und es ist nicht minder erstaunlich: Während die meisten von ihnen im privaten Bereich der Überzeugung sind, dass sie mit Massenware einer bekannten schwedischen Möbel-Marke und einigen Gegenständen einer großen Deko-Accessoires-Kette wirklich ein individuelles, originelles und für sie typisches Zuhause gestalten können, das sie widerspiegelt und in dem sie sich auf gelungene Weise ausdrücken können, weigern sie sich zu glauben, dass durchaus zugängliche Mittel dazu beitragen können, sich in der Geschäftswelt einen sehr persönlichen und eigenständigen Platz einzurichten – wenn man sie nur zu suchen und zu finden weiß.

Selbstverständlich können Nischen im Sinne eines nie da gewesenen Produkts oder einer lang ersehnten Dienstleistung ein Weg sein, sich zu positionieren. Und natürlich handelt es sich hier nur noch um sehr wenige Ausnahmen – denn, wie die langjährigen Solopreneure es realistischerweise erkannt haben: In vielen Branchen ist alles schon mal da gewesen und bereits vorhanden.
Verkannt wird aber tragischerweise, dass nicht unbedingt das Produkt allein zu einer geldbringenden und langfristig kundenbindenden Aufmerksamkeit führen muss.
Einzigartigkeit ist in einer heutzutage immer bunteren, quirligeren und präsenteren Welt nicht mehr gegeben, sie muss erschaffen werden.
Einzigartigkeit kann und sollte so viel mehr sein als ein Inhalt.
Einzigartigkeit kann eine Geschichte sein, eine Idee, eine Farbe, eine Denkweise, ein Anspruch, eine Strategie, ein Werbemittel, eine Stimme, eine Persönlichkeit, eine Schrulle, ein Charakterzug, eine Pose und vieles mehr … Sie zu finden, aufzuzeigen, stimmig, verständlich, überzeugend und konsequent zu vermitteln, zu einem „Stempel“ zu verklären, bedeutet Selbstreflexion und Arbeit. Eben in diesem Kontext ist ein künstlerischer Ansatz hilfreich, denn die Kunst ist und bleibt die Suche nach dem Ungewöhnlichen, dem Unverwechselbaren, der eigenen prägnanten und unter Tausenden einzigartigen Handschrift.

Gerade deshalb ist künstlerische Arbeit in diesen disruptiven Zeiten so wertvoll. Wenn ich auf TextLoft mit einem Kunden aus der Wirtschaft zusammenarbeitet, ist das, was aus der eigenen Persönlichkeit des Unternehmens und dem besonderen Blick des Künstlers entsteht, genau die Wiedererkennbarkeit, die als „Marke“ bezeichnet wird und die den Unterschied zwischen gesichtsloser Masse und nachhaltigem Erfolg bedeutet.

03/21/16

Was künstlerische Textarbeit dem Unternehmen bieten kann

Für Start-ups und Kleinunternehmen ist es selbstverständlich, Logo, Visitenkarten, Briefpapier, Internet-Layouts, Firmenschilder, Büroeinrichtung und dergleichen mit der größten Sorgfalt auszusuchen.

Dies ist nachvollziehbar: Das grafische Erscheinungsbild ist ein wichtiger Ausdruck des Selbstverständnisses und soll zu einer systematischen Wiedererkennbarkeit, einer eindeutigen Vermittlung der Unternehmensphilosophie, einer subtilen Zielgruppenbestimmung und -eingrenzung, und einer starken und einzigartigen Positionierung beitragen. Dementsprechend wird der Zusammenarbeit mit Designern eine hohe Aufmerksamkeit und Wertstellung zuteil.
Doch die Identität eines Unternehmens lebt nicht von optischen Botschaften allein.
Vielmehr sind diese ohne eine gleichwertige textliche Gestaltung nur ein leerer Raum. Texte erst verleihen dem grafischen Auftritt eine Struktur, eine Stimme, eine Persönlichkeit.
Die textliche Unternehmensidentität sollte daher mit derselben Sorgfalt, Leidenschaft und Kompromisslosigkeit durchdacht, ausgesucht und erarbeitet werden, die auch den optischen Merkmalen gewidmet wird.

Ob unkonventionell, zeitlos, charakterstark, kompromisslos originell, klassisch, anspruchsvoll, individualistisch, stimmungsvoll, sachlich, ausdrucksstark, emotional, puristisch, künstlerisch, überschwänglich …
Die Texte, die das Unternehmen nach außen darstellen, sollten in ihrer Tonart und Farbgebung genau wiedergeben und vermitteln, wie es wahrgenommen werden möchte. Sie müssen der prägnante, stimmige und schlüssige Ausdruck des Images sein, das es anstrebt. Nur so entsteht die Art von Glaubwürdigkeit und Wiedererkennbarkeit, die als Authentizität bezeichnet wird.

Es ist das, was ich tue: Mit den Werkzeugen der künstlerischen Textarbeit richte ich Ihren ganz persönlichen Text-Raum individuell ein – durch die Ausarbeitung  einer konsequenten, differenzierten und wiedererkennbaren sprachlichen Klang- und Farbgebung, die Definition einer eindeutigen und einzigartigen Positionierung über individuelle und originelle Texte, die Vermittlung einer nachvollziehbaren und überzeugenden USP.

So stellt sich eine persönliche emotionale Ansprache ein. Ideale Orte und Welten der Markenbildung und Kundenbindung entstehen. Produkte, Leistungen, Projekte werden zu faszinierenden und lebendigen Geschichten, die inspirieren, Träume anregen und Begierde wecken und dem textlichen und virtuellen Verkaufsraum originelle Ideen eröffnen.

Ihr Unternehmen wird unverwechselbar, Ihre Kommunikation wird unvergesslich.

02/20/16

Umberto Eco hat uns verlassen

Es ist für die Geschichte des Geistes, der Kultur, der Literatur und der Sprache ein schrecklicher Tag – aus meiner (vielleicht zu persönlichen) Sicht der traurigste und deprimierendste seit dem Tode Thomas Manns. Es bleiben bei aller Einsicht, bei allem Wissen um die Unumgänglichkeit der Dinge die überwältigende Hilflosigkeit und das unendlich schmerzliche Gefühl zurück, dass mit dem gestrigen Abend der letzte Anker geisteswissenschaftlicher Intelligenz und Virtuosität sich für immer auflöste und uns bodenloser und verzweifelter Leere anheimgab. Dieser Verlust ist unermesslich.

02/14/16

Zeit-Räume

Im TextLoft ist oft von Raum die Rede: von Text-Räumen, also reellen und virtuellen Räumen, in denen Text entsteht, vom leeren Raum einer Seite, der durch Strukturen und Worte zu einem Text eingerichtet wird … Die Analogie von Text und Raum ist auf der Website allgegenwärtig.

Räume sind auch ein wesentlicher Bestandteil nicht nur meiner Textauffassung, sondern meiner Arbeitsweise.
Wenn ich für das Projekt eines Auftraggebers intensiv in seine Themenwelt eintauche und selbstvergessen über Tage und Wochen hinweg nur noch in seinem Universum mit all seinen Farben, Bildern und Stimmungen lebe, schließe ich mich im Grunde in seinen Räumen ein. Außenwelt, Kalender, der Alltag und seine Erfordernisse, Gesundheit und Wohlbefinden treten zurück, und das Leben findet nur noch in diesem entrückten Auftragsraum statt. Es ist keineswegs die ruhige Zurückgezogenheit einer klösterlichen Klausur, sondern viel mehr eine erforschende Besessenheit. „Zum Raum wird hier die Zeit“ heißt es in der vermutlich schönsten Zeile von Wagners Parzifal. Tatsächlich entsteht durch die Suche nach dem Text, nach seinem Duft, seinem Licht und seinem Wesen, ein kleiner hermetischer Bereich, der ein wenig an die stereotypische Vorstellung der mythischen Schriftstellerhütte erinnert.

Still und entspannt dagegen sind die Zeit-Räume, in denen ich für dieses Blog oder die Musterbücher – und natürlich vor allem auf Kunst:Text schreibe. Wie ein Urlaub sind sie eine winzige, fast private und genüssliche Enklave aus Wahrhaftigkeit. Wohltuende Unwesentlichkeiten und perfekte Selbstbestimmtheit erfinden Stunden und Ziele neu.

Die Gesprächszeiten, die auf der Website angegeben sind, begrenzen ihrerseits einen weiteren Zeit-Raum. Er ist ein Patio, ein kleiner und einladender, etwas öffentlicherer Platz voller Begegnung und sommerlicher Leichtigkeit.

In all diesen verschiedenen Facetten gefällt mir der Gedanke, dass meine Arbeitswelt in gewisser Hinsicht einem englischen Garten gleicht, in dem sich die Vielfalt und der Reiz aus der Strukturierung eines riesigen Raums in viele kleine, subtil definierte und völlig unterschiedliche thematische Bereiche mit eigener Nutzung und eigenem Charakter ergeben. Und wer hat schon das Glück, einen Garten zu leben?

12/9/15

Weihnachtskarten – Lust oder Frust?

Ob als Karte, eCard oder eMail – Weihnachten ist die Gelegenheit, Verwandten, Freunden, Kollegen, Mitarbeitern, Geschäftspartnern oder Kunden einige Zeilen zukommen zu lassen. Die ursprünglich religiöse Bedeutung des Festes spielt dabei ebenso wie die tatsächliche Welt- und Glaubensanschauung des Adressaten eine eher untergeordnete Rolle. Der Akt des Schreibens wird hier bestenfalls unreflektiert als Konvention, schlimmstenfalls als notwendiges Übel hingenommen. Doch was genau ist eine Weihnachtskarte? Und was könnte sie sein?

Privat geht es oft vor allem darum, Verbindungen, die während des Jahres in der allgemeinen Hektik des Alltags vernachlässigt oder zumindest wenig intensiv gepflegt werden, zu erneuern und aufrechtzuerhalten, Menschen zu sagen und zu zeigen, dass wir sie nicht vergessen, dass wir an sie denken und ihnen Gutes wünschen. Die Motivationen können hierbei allerdings rechts unterschiedlich sein: Gewohnheit, aufrichtiges Interesse, Herzlichkeit, schlechtes Gewissen, Pflichtgefühl, Mitleid, Berechnung, Selbstdarstellung, Zuneigung … Die Liste ließe sich fortführen.
Im beruflichen Bereich ist das Ende des Jahres nicht nur rechnerisch die Zeit der Bestandsaufnahmen und Bilanzen. Partnerschaften werden bewertet und neu gewichtet, die Qualität der Zusammenarbeit beurteilt. Ob den Kunden gegenüber geäußerte Dankbarkeit und die manchmal unverhohlene Hoffnung auf weitere Aufträge tatsächlich empfunden werden oder längst zur automatischen Floskel verkommen sind, ist nicht nur von dem Wert der geschäftlichen Beziehung abhängig, sondern spiegelt auch das Selbstverständnis und Selbstbild eines Unternehmens wider.

In den meisten Fällen zeigen sich Menschen angesichts der alljährlichen Übung „Weihnachtskarte“ hilflos. Sie greifen auf althergebrachte Formulierungen zurück, die ihnen die Sicherheit geben, nichts Falsches zu tun, der Etikette zu genügen, nicht unangenehm aufzufallen, und die ihnen ermöglichen, die Aufgabe schnell und möglichst mühefrei hinter sich zu bringen.
Es ist schade, denn die Weihnachtskarte wird so zur verpassten Chance.
Der Text wird genauso rasch überflogen, wie er geschrieben wurde, kaum wahrgenommen, und berührt in seiner förmlichen Steifheit und unpersönlichen Phantasielosigkeit nicht wirklich. Er wird als das rezipiert, was er ist: das Produkt einer sinnleeren Konvention, ein gedankenlos hingeworfener Gruß ohne tiefere Bedeutung.

Dabei kann eine Weihnachtskarte zu einem unvergesslichen Erlebnis und einem unersetzlichen Schatz werden, und im beruflichen Bereich eine weit höhere Wirkung erzielen als jede teure Werbung.
Richtig eingesetzt können Worte kostbar wie Brokat, tröstlich wie heiße Schokolade, strahlend wie Gold, weich wie Federn, zart wie ein Windhauch, frisch wie Wasser, süß wie Honig, duftend wie Blumen sein. Das „Geheimnis“ einer gelungenen, sinnvollen und beachteten Weihnachtskarte besteht in Individualität und Originalität, also darin, die Worte so zu wählen, als seien sie ein Geschenk: Sie sollten wohlüberlegt sein und zu der Person passen, der sie gelten, sie in ihrer Denkart und Gefühlswelt ansprechen und für sie einzigartig sein. Sachlich oder überschwänglich, still oder laut, leicht oder kraftvoll … eine „gute“ Weihnachtskarte sagt nichts über denjenigen aus, der sie schreibt, jedoch alles über denjenigen, der sie liest. Sorgsam ausgesuchte Adjektive und eine differenzierte Tonart sind hier die wichtigsten Instrumente. Inspiration ist weniger relevant als Einfühlungsvermögen – wie immer, wenn es ums Schreiben geht.

Wer keine Zeit oder Lust hat, sich in die Adressaten seiner Weihnachtskarten oder -mails hineinzudenken, und dennoch unvergessliche Post verschicken möchte, muss nicht gleich verzweifeln: Es gibt ja TextLoft!

10/29/15

Zwischen Kunst und Chamäleon

„Kunst kommt von Können“, betont immer wieder der Volksmund und erhebt somit einen etymologischen Gemeinplatz zu einer tollpatschigen Definition, die in ihrem entsetzlich einschränkenden Ansatz von einer beängstigenden Hilflosigkeit zeugt. Dieser Satz gehört für mich deshalb zu den ewigen Ärgernissen, auf die ich besonders ungehalten reagiere.

Kunst hat vor allen Dingen mit (Er)Kennen zu tun. Wiedererkennbarkeit ist hier von entscheidender Bedeutung. Die Unverwechselbarkeit der Handschrift eines Künstlers – sei er Maler, Komponist, Bildhauer – begründet seinen Namen, seine Reputation und seine Beliebtheit, schließlich und infolgedessen sein Einkommen.
Wer eine Oper von Mozart hört, kann sie sofort als solche identifizieren. Wer einen Monet sieht, kann ihn sofort zuordnen. Der Grund dafür liegt in der Natur der Kunst selbst: Kunst ist der Wille, wiederzugeben und festzuhalten, und auf der Suche nach der perfekten Technik, dem perfekten Ausdruck, dem perfekten Weg, Dinge und Menschen zu erfassen, entwickelt jeder Künstler Mechanismen, Gewohnheiten und Mittel, die er immer wieder verwendet, erprobt, vertieft und verfeinert, weil sie für den angestrebten Zweck schlichtweg am geeignetesten erscheinen. Die einmal gefundenen Werkzeuge werden im unaufhörlichen Prozess des Erforschens, des Versuchens, immer wieder aufs Neue traktiert und variiert, bis sie sich zu einer eigenen Ausdrucksweise entwickeln, die selbst Laien bald als die charakteristische „Sprache“ des jeweiligen Künstlers erkennen.
Diese Wiedererkennbarkeit ist für Künstler identitäts- und marktwertstiftend.

Von diesem Standpunkt aus betrachtet hat also die Kunst das erfunden, was gemeinhin als „Corporate Identity“ bezeichnet wird. Gerade deshalb und in doppelter Hinsicht bringt künstlerische Textarbeit für Unternehmen Sinn: Nur wer künstlerische Denk- und Arbeitsmuster genau kennt und lebt, weiß wirklich, was Wiedererkennbarkeit bedeutet, wie sie entsteht und wie sie zu erreichen ist.
Darin unterscheidet sich künstlerische Textarbeit von der Arbeit eines Werbetexters. Letzterer muss in erster Linie zu einer unaufhörlichen und bedingungslosen Wandelbarkeit fähig sein. Wie ein Chamäleon muss er sich überall und blitzschnell anpassen und mit seiner Umgebung verschmelzen. Dies erfordert bemerkenswerte Eigenschaften, und diese Fertigkeit ist im Textbereich nicht weniger beachtlich und bewundernswert als in der Natur. Wenn ein Tier allerdings in der Lage ist, die Farbe eines Baumes anzunehmen, so bedeutet dies noch lange nicht, dass ihm die Aufgabe zuteilwerden sollte, einen Baum zu pflanzen. Es müsste das richtige Gewächs für Klimazone und Bodenqualität auswählen, den besten Pflanzort suchen, es regelmäßig düngen, pflegen, schützen, schneiden, seine Entwicklung verfolgen und es in Form bringen und halten, damit es lange gedeiht. Ein Chamäleon ist ein zauberhaftes und faszinierendes Geschöpf, aber all dies kann es nicht. Genauso wenig kann ein Werbetexter eine textliche Unternehmensidentität erfolgreich begründen.

Textliche Corporate Identity ist keine Werbung. Es geht hier nicht darum, einer Zielgruppe zu erzählen, was sie hören will oder muss, damit sie etwas kauft, das sie möglicherweise nicht einmal braucht. Textliche Corporate Identity drückt aus, was das Unternehmen sein will, aus welchen Träumen es entstand, welche Welt, welche Vision, welche ideale Vorstellung es erschaffen will.
Werbung redet und überzeugt – wie das Chamäleon, das uns glauben lässt, es sei ein Stein oder ein Blatt. Werbetexter sind begabte und sehr unterhaltsame Zauberer und Gaukler, die Gehirn und Vernunft gekonnt überlisten und Illusionen aus dem Nichts entstehen lassen.
Textliche Corporate Identity hingegen erklärt, verdeutlicht, positioniert, vertieft. Sie offenbart Werte, verleiht ein Gesicht, entlarvt wie der Blick eines Malers, verstärkt wie der Bleistift eines Karikaturisten, betont, was das Auge übersehen könnte, enthüllt die Facetten einer komplexen Persönlichkeit, indem sie sie deutet, ansprechend aufbereitet und dadurch präziser definiert.

Wenn ich für Unternehmen künstlerische Textarbeit leiste, bedeutet dies, dass ich ihnen helfe, zu erklären und zu zeigen, wer sie sind und sein wollen.
Dies setzt voraus, dass ich mich bis zu einem gewissen Grad damit identifizieren kann. Man sollte etwas von Bäumen verstehen, wenn man welche pflanzen und hegen will. Ein grüner Daumen, ein wenig Intuition und Einfühlungsvermögen, Interesse an der Materie und so etwas wie Liebe sind notwendig. Deshalb arbeite ich nur in bestimmten Themenbereichen. Für alles und alle zu schreiben, impliziert neben der inhaltlichen auch unvermeidlich und unweigerlich eine qualitative Beliebigkeit. Vor lauter Wandelbarkeit verlernt und verliert der Texter seine eigene Handschrift, seine Arbeiten ihre Wiedererkennbarkeit, das Unternehmen, das ihn beauftragt, seine Unverwechselbarkeit und seinen Marktwert.

Der Begriff der künstlerischen Textarbeit mag hochtrabend und elitär klingen. Tatsächlich definiert er das Konzept, das Unternehmen brauchen, um eine effiziente USP festzulegen und zu sichern. Deshalb ist mein Ansatz der Kunst näher als dem Chamäleon – auch wenn sein Können außer Frage steht.

09/13/15

Schreiben lernen?

Es beginnt mit einem schwärmerischen Kompliment und endet mit einer Frage: „Ich wünschte, ich könnte auch so schreiben wie du. Kann man das lernen?“ Diese Satzfolge ist mir so vertraut, dass hier ein Klischee angebracht ist: Würde ich jedes Mal, wenn ich diese Bemerkung höre, einen Euro bekommen, würde mein Bankkonto … Nun ja.

Der Wunsch, „gut“ – was dies auch immer heißen mag – schreiben zu können, ist weit verbreitet, auch wenn ich wohl nie ganz begreifen werde, wieso. Für mich ist das Schreiben etwas Normales, Alltägliches, eine Tätigkeit wie jede andere auch, nichts Besonderes eben, und vielleicht entgeht mir deshalb der Grund für diese Sehnsucht. Die Antwort auf die Frage jedenfalls ist widersprüchlich und eines klaren Jeins würdig.

Tatsächlich ist Schreiben in erster Linie ein Handwerk, und als solches erlernbar. Es gibt in dieser Sache keinen nennenswerten Unterschied zwischen einem Tischler, einem Goldschmied, einem Mechaniker oder einem Schreibenden.
Wie in den meisten Bereichen auch, gründet Können auf dem Wechselspiel von Lernen und Üben, und wie bei fast allen erlernbaren Fertigkeiten auch, ist ein früher Beginn bereits in sehr, sehr jungen Jahren für das Erreichen eines hohen Niveaus unerlässlich. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand, der erst mit vierzig zum Sport findet, eine Goldmedaille bei Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen gewinnt, ist eher gering, und dies trifft auch auf das Schreiben zu.
„Lernen“ bedeutet hier weniger die Aneignung konkreter Techniken – diese ergibt sich eher aus dem Üben –, als vielmehr Lesen. Liest ein Kind früh sehr viel und sehr hochwertige Literatur, wobei Qualität und Quantität in diesem Fall gleichermaßen entscheidend sind, bekommt es ganz automatisch das nötige Rüstzeug.
Selbstverständlich ist es in jedem Alter möglich, sich an Neuem zu versuchen, oder vernachlässigte Fähigkeiten weiterzuentwickeln oder zu verbessern. Es sollte demjenigen allerdings immer bewusst bleiben, dass „besser“ nicht notwendigerweise mit „herausragend“ gleichzusetzen ist. Ob beim Musizieren, Malen oder Schreiben: Nur jahrelanges Üben und ein sehr großer täglicher Arbeitsaufwand ermöglichen es, zu einer gewissen Virtuosität zu gelangen, und deshalb lässt sich Zeit nur bedingt nachholen, auch wenn der Versuch auf jeden Fall löblich und zu unterstützen ist.

Handwerkliche Tätigkeiten und Sport haben jedoch eine weitere Gemeinsamkeit, und an diesem Punkt offenbart sich der tückische Charakter der anfänglichen Frage: Interesse, Begeisterung und Einsatzbereitschaft genügen nicht, wenn nicht eine grundsätzliche naturgegebene Basis vorhanden ist. Wer zwei linke Füße hat, wird es sicher niemals zu einem Tennisspieler von Weltrang bringen, wer zwei linke Hände hat, wird unwahrscheinlich zu einem neuen Monet erwachsen – und wenn er noch so verbissen übt.
Doch woraus besteht Schreibtalent überhaupt? Welche Eigenschaften muss man „mitbringen“, um gut schreiben zu können? Es gibt vermutlich Millionen von Definitionen, und ich kann nur versuchen, meine eigene hinzuzufügen.

Im Gegensatz zu dem, was viele anführen, wird der berühmte „besondere Sinn für das Wort“ durch reichliche frühkindliche Lektüre vermittelt und zählt aus meiner Sicht daher zum Erlernten und nicht zum Angeborenen. Sprachgefühl ist die Fähigkeit zu wissen, wann man mit welchem Wort welche Wirkung erzielt – ähnlich wie ein Maler weiß, welche Farbe in seinem Gemälde welche Stimmung wiedergibt. Es geht lediglich um die richtige Verwendung des richtigen Werkzeugs am richtigen Platz im richtigen Augenblick. Dieses Wissen wird zum Teil bewusst, zum Teil intuitiv erworben. Der Maler studiert hierzu die Werke anderer, der (künftige) Schreibende liest.
Zu den Faktoren, auf die Lernen und Üben keinen Einfluss haben, die also das eigentliche Talent darstellen, gehören vor allem eine übersteigerte Sinneswahrnehmung und ein abnormales Gespür für Dinge und Stimmungen. Beide haben durchaus eine psychologische Komponente. Diese Fähigkeiten gehen weit über eine sehr hohe Beobachtungsgabe hinaus und können als rezipierende Überempfindlichkeit und Scharfsichtigkeit bezeichnet werden. Sie betreffen das gesamte Spektrum natürlicher und menschlicher Erscheinungen: Licht, Farben, Düfte, Formen, Strukturen, Wetter, Geräusche, Bildkompositionen, Ästhetik, Situation, Zusammenhänge, Details, Ungesagtes, Verschwiegenes, Angedeutetes, Unbewusstes.
Diese übersteigerte, überspitzte, empathisch-seismographische Blickschärfe, diese andere Art, die Dinge zu sehen, ist meiner Meinung nach das, was als „Talent“ bezeichnet werden kann, denn sie ist allgegenwärtig, ungewollt und unkontrollierbar.

Auch wenn man Talent nicht steuern kann, kann jeder bis zu einem gewissen Grad alles erlernen – ob Schwimmen, Schreinern oder Schreiben. Seinen Schreibstil zu verbessern und einen neuen Zugang zum Text zu finden, ist immer eine belohnende und bereichernde Erfahrung. Fortschritte und Erfolg sind eine relative Angelegenheit, und der einzige Maßstab sollten die eigenen Ziele sein, nicht die Texte anderer.

09/11/15

Preisgestaltung im TextLoft

Was ein Text kostet und warum, ist für potenzielle Auftraggeber nur schwer zu durchschauen, was zu einer verständlichen Verunsicherung bis hin zu Zweifeln und Misstrauen führen kann. Viele Schreibende veröffentlichen deshalb auf ihrer Webseite entweder einen konkreten Stundensatz oder feste Pauschalpreise. Einige versuchen, am Beispiel früherer Arbeiten zu veranschaulichen, welche Honorare für typische Leistungen in Rechnung gestellt werden. Andere wiederum geben Mindest- oder Höchstpreise an.

Auf TextLoft wird die Preisthematik überhaupt nicht angesprochen. Dies ist wohlüberlegt und das Ergebnis langer Abwägungen.
Zum einen bin ich nicht der Überzeugung, dass feste Stunden- oder Tagessätze als Information wirklich hilfreich sind: Ohne Vorgespräch kann der Kunde nicht wissen, welchen Zeitaufwand sein Projekt darstellt.
Zum anderen ist jeder Textauftrag einzigartig.
Schließlich sind sogenannte „Ab-“ und „Bis-Preise“ geschickte Marketinginstrumente, die eine grundsätzliche Erschwinglichkeit suggerieren sollen, aber sie sind auch in ihrer vollkommenen Unverbindlichkeit völlig aussagefrei und somit nur eingeschränkt seriös.

Um etwas Entspannung in die Honorarfrage zu bringen, greife ich mit TextLoft auf eine dreiteilige Strategie zurück:

1. Zwei Preismodelle
Interessenten, die sich zum ersten Mal an mich wenden, bitte ich immer, mir zu sagen, welches Budget sie sich für das Projekt vorgestellt haben oder vorstellen können. So kann ich schnell einschätzen, wie durchdacht die Anfrage und wie realistisch eine Zusammenarbeit ist, und dem Kunden sofort erklären, was er für das Geld, das er auszugeben bereit ist, bekommen kann. Der Kunde fühlt sich nicht genötigt, einen Preis zu akzeptieren, der ihm insgeheim vielleicht zu hoch ist und dem er nur widerwillig zustimmt. Es entsteht eine hohe Transparenz und eine Geschäftsbeziehung auf Augenhöhe. Dies ist der Idealfall.
Hat der Kunde keine konkrete Budgetgrenze oder möchte er sich ganz allgemein informieren, rede ich niemals von Zeitaufwand und Stundensätzen. Ich biete für einen detailliert aufgestellten Leistungsumfang einen Komplettpreis an. Der Auftraggeber hat die Wahl, dieses Paket zu akzeptieren oder abzulehnen. Die Angebotserstellung ist in diesem Fall etwas aufwändiger, da für die rechtliche Absicherung die Grenzen des Pakets sehr präzise abgesteckt werden müssen.

2. Das Prinzip der künstlerischen Textarbeit
Hier im Blog und in meinem Ratgeber zum Textauftrag habe ich mehrmals und in unterschiedlichen Formen erklärt, dass ich nur für Kunden arbeite, die von der Qualität meiner Arbeit bereits überzeugt sind. Ich möchte, dass Auftraggeber zu mir kommen, wie sie zu einem Architekten oder Inneneinrichter gehen würden: Weil ich genau das biete, wonach sie schon immer gesucht haben, und das mögen, was ich tue. Mit anderen Worten: Wer mich will, muss mich wollen.
Dies bedeutet nicht, dass ich nicht bereit bin, eine Textprobe zu liefern. So gelingt es mir allerdings, Kunden fernzuhalten, für die ausschließlich das Preiskriterium relevant ist, weil sie nicht in der Lage sind, qualitative Unterschiede zu erkennen, und sich deshalb von vornherein dem Argument verschließen, dass Honorar und Ergebnis in einem angemessenen Zusammenhang stehen müssen.

3. Kaufmännische Professionalität
Es kommt durchaus vor, dass ich einem Auftraggeber preislich entgegenkomme. Der besondere Reiz eines bestimmten Projekts oder persönliche Sympathie können dabei eine Rolle spielen. Im Lauf der Jahre aber habe ich – geschult durch Erfahrungen der nicht immer positiven Art – gelernt, Mitgefühl einen geringeren Platz einzuräumen und mir eine gewisse Herzenshärte anzueignen. Es ist immer sehr schade, wenn ein Auftrag nicht zustandekommt, weil trotz aufrichtiger beidseitiger Bemühungen keine Einigung über den Preis stattfinden kann, und ich habe für jeden Menschen Verständnis, der seine Wünsche und seine finanziellen Möglichkeiten nicht in Einklang bringen kann. Aber kaufmännische Professionalität bedeutet auch das, was ich als gesunde Arroganz bezeichnen möchte. TextLoft ist bei aller Kundenfreundlichkeit kein Basar, in dem nach Herzenslust gefeilscht werden kann, kein Discount-Paradies und kein Kreditinstitut. Ist die Preisvorstellung des Kunden bei aller Liebe und Kompromissbereitschaft vollkommen abwegig, lehne ich den Auftrag ab. Fällt es mir – aus welchen Gründen auch immer – besonders schwer, bemühe ich hier gedanklich den Vergleich mit der Hotellerie-Branche: Wer in einem Hotel übernachten will, in dem ein Zimmer 200 € kostet, aber nur 50 € bezahlen will oder kann, wird nicht hereingelassen – und wenn es dem Empfangschef aus persönlicher Sicht noch so leid tun mag.

Was ein Text kostet, kann bei seriöser Arbeitsweise nicht allgemeingültig und abstrakt gesagt werden. Richtpreise mögen als Anreiz und Lockmittel einen Sinn haben, sie bestehen allerdings nur, bis die tatsächliche Vorbesprechung beginnt. Der Preis eines Textes ist das Ergebnis einer sehr komplexen und sehr individuellen Kalkulation, die Erfahrung, präzise Kenntnis der Textarbeit und ein sehr detailliertes Bild der Wünsche und Bedürfnisse des Auftraggebers erfordert.
Einzigartige Leistungen gibt es schlichtweg nicht zu Pauschalpreisen.

Interessant zu diesem Thema ist auch: https://www.youtube.com/watch?v=JI3Df7-KFtw. Auch wenn hier von Grafikdesign die Rede ist, lässt sich die Situation durchaus auf den Bereich Text übertragen.

09/5/15

Schriftliches Briefing oder Begegnung?

Anlässlich einer Anfrage zu einem möglichen Auftrag drückte eine Interessentin vor kurzem ihre Verwunderung darüber aus, dass ich keinem meiner Kunden je begegnet bin, und der Kontakt selbst zu meinen langjährigen und regelmäßigen Auftraggebern ausschließlich über eMail besteht.
Tatsächlich arbeite ich für Unternehmen, Institutionen und Privatkunden aus allen Teilen und Winkeln Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. Im Münsterland ansässig ist lediglich ein mittelgroßer Handwerksbetrieb – und dies ist purer Zufall: Diese geschäftliche Beziehung entstand durch eine Empfehlung, nicht aufgrund geographischer Nähe. Persönliche Treffen wären also kaum möglich und sie sind auch nicht notwendig. Für eine gute Zusammenarbeit sind andere Faktoren entscheidend.

1. Erfolgsfaktor Wunsch & Begehren
Dass potentielle Kunden zumindest einige meiner Texte kennen und sich deshalb wünschen, dass ich für sie arbeite, ist für mich zum Beispiel von grundlegender Bedeutung. Dies grenzt nicht zuletzt Textarbeit von künstlerischer Textarbeit ab.
Es ist ein sehr großer Unterschied, ob ein Auftraggeber sich einen Texter aussucht, wie er sich einen Architekten, Inneneinrichter oder Haute Couture-Designer aussuchen würde – nämlich seinem Geschmack und der gefühlten Übereinstimmung entsprechend – oder ob er lediglich auf irgendeinen Dienstleister zurückgreift, der alles für jeden zu jedem Thema und in jedem Stil macht.

2. Eine klare Beschreibung
Ebenso wichtig ist für die gelungene Abwicklung eines Auftrags eine solide Grundlage.
Das sogenannte Briefing – eine Art schriftliches Vorgespräch – hilft zu klären, welche Erwartungen und Vorstellungen zu erfüllen sein werden und wie dies erreicht werden kann. Für das Textkonzept einer Webseite zum Beispiel habe ich einen kleinen Fragebogen entwickelt, der mir alle Informationen verrät, die ich benötige, um mich in das Projekt einzufühlen. Neben 16 Fragen enthält er auch Felder, in die der künftige Kunde zusätzlich eingeben kann, was ihm besonders wichtig ist.
Auf diese Weise können Rückfragen, sollten sie nötig sein, sofort zusammengestellt und gebündelt werden, und dieser erste Austausch kann als Vorstufe zur späteren vertraglichen Vereinbarung genutzt werden, ohne dass Mündliches zeitraubend und umständlich protokolliert und noch einmal geprüft werden muss. Dies entspannt die Situation für den Auftraggeber, der sich vom ersten Augenblick an ganz auf den Inhalt seines Projekts konzentrieren kann. Rechtliche Formalien wird so Genüge getan, aber sie nehmen eine subjektiv weniger belastende Form an, als wenn ein Gesprächsprotokoll gegengezeichnet werden müsste.

3. Eine entspannte Atmosphäre
Der Fragebogen bietet zudem den Vorteil, dass der Kunde ihn in aller Ruhe, d.h. ohne Zeitdruck und in einer gewohnten und entspannten Umgebung ausfüllen kann, was der Genauigkeit, der Ausführlichkeit und der Ideenqualität dienlich ist. Es besteht nicht die Gefahr, dass er etwas Wichtiges zu erwähnen vergisst, wie es im Gespräch durch kleine Ablenkungen oder aufgrund des begrenzten Zeitrahmens der Fall sein kann. Wie lange er braucht, um alle Fragen zu beantworten, bleibt ihm überlassen. Er kann seine Gedanken treiben lassen, den Fragebogen ruhen lassen und wiederaufnehmen, sich damit beschäftigen, wenn ihm danach ist – und nicht wenn er muss, weil ein Termin ansteht.

Eine persönliche Begegnung ist für eine erfolgreiche Vorbesprechung also nicht nur unnötig, sondern in gewisser Hinsicht auch kontraproduktiv, da ineffizient.
Wenn Interessenten sie jedoch für unerlässlich erachten, kann dies drei Ursachen haben:
– Der Kunde hat selbst kein klares Bild dessen, was er will, und erhofft sich im Dialog Klarheit für sich selbst. In diesem Fall ist der Fragebogen allerdings viel hilfreicher, denn er trägt dazu bei, Gedanken zu sortieren und zu strukturieren und die wichtigsten Linien zu finden, ohne Gefahr zu laufen, sich in Einzelheiten zu verzetteln.
– Der Kunde ist bei der Wahl eines Dienstleisters – ganz gleich, ob es sich um einen Texter, einen Klempner oder einen Caterer handelt – grundsätzlich immer unsicher und verlässt sich deshalb auf seinen subjektiven Eindruck einer Person, anstatt die Qualität der Arbeit anhand konkreter Maßstäbe und Vergleiche zu messen. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass er Qualität nicht erkennt und nicht beurteilen kann. Von solchen Kunden halte ich mich grundsätzlich fern.
– Der Kunde erwartet eine sehr persönliche Betreuung auch jenseits der eigentlichen Grenzen des Auftrags. Es ist ein absolut legitimer und nachvollziehbarer Wunsch, der aber von einem Alleinunternehmer nur mit sehr erheblichen Zusatzkosten zu erfüllen ist. In diesem Fall empfehle ich dem Interessenten eine Agentur meines Vertrauens, die strukturell dazu in der Lage ist, neben der Textleistung auch die persönliche Nähe zu bieten, die der Kunde braucht.

In meinem Ratgeber zum Textauftrag gehe ich im Kapitel „Den richtigen Texter finden” auf weitere Einzelheiten dieser Thematik ein und erkläre unter anderem, warum objektiv nichts dafür spricht, einen Texter „in der Nähe” zu suchen – Vieles allerdings dagegen.

06/28/15

Texte für Unternehmen?

In den letzten Wochen wurde die Website von TextLoft überarbeitet. Einer der Gründe dafür war der Wunsch, die Vielfalt dessen, was ein Projekt wie TextLoft gerade auf der Grundlage des Prinzips einer künstlerischen Textarbeit Unternehmen bieten kann, ein wenig ausführlicher darzustellen. Die Wahrheit ist: Es ist so dringend nötig wie wenig selbstverständlich.

Neben wirtschaftlichen Erwägungen und dem Irrglauben, ein Bild sage mehr als tausend Worte, versäumen es Unternehmen oft deshalb, Texte für ihre Marketingmaßnahmen in Auftrag zu geben, weil sie schlicht nicht wissen, was Text kann, bzw. wie viel Text zu erreichen vermag und wie vielseitig und verschieden Text sein kann.

Negative Vorarbeit haben diesbezüglich viele geleistet.
Werbetexter haben mit der Entwicklung eines immer abstruseren Jargons, kryptischen Slogans, einheitlich breiigen Botschaften und dubiosem Denglisch das Wort unglaubwürdig und inhaltsleer werden lassen. Mit der Behauptung, schreiben könne jeder, der über eine Tastatur oder einen Stift verfüge, haben Discount-Portale den Weg zu einer bodenlos gleichgültigen Qualität geebnet. Schließlich und zuallererst entzieht die deutsche Bildungspolitik seit Jahrzehnten selbst in den Geisteswissenschaften formalen und ästhetischen Kategorien mutwillig jeden Wert. Text dient nur noch der Information, der sachlichen Mitteilung und Faktenübermittlung und wird auf diese Funktion reduziert. Alles andere wird als Literatur – oder was dafür gehalten wird – abgetan.

Text ausschließlich unter diesem Aspekt zu betrachten und zu verwenden, ist etwa so, als würde man eine sehr große Gartenfläche komplett unbepflanzt lassen und lediglich eine winzige Ecke gelegentlich als Grillplatz nutzen: Es mag nicht falsch sein, aber es ist schade um die unendlichen verschenkten Möglichkeiten, die sich mit ein wenig Überlegung, gutem Willen und Können aus dem Raum ergeben könnten.
Anders ausgedrückt: Fakten sind kein Text. Fakten sind ein Skelett. Und ein Skelett ist kein lebendiger Mensch mit eigenen, wiedererkennbaren Gesichtszügen und einer eigenen, wiedererkennbaren Stimme. Ein Skelett taugt als Gruselartikel oder als Lernmittel im Bio-Unterricht, aber nicht zu einer lebhaften, produktiven Kommunikation. Es hat keine Gefühle, keine Geschichte, ist austauschbar und langweilig. Es hat einfach nichts zu sagen.
Ein Text, der diesen Namen verdient, hingegen ist wie ein Mensch: Er kann sich mitteilen, kann sympathisch oder unsympathisch wirken, gepflegt oder lässig sein, zum Schmunzeln, zum Lachen und zum Weinen bringen, überzeugen oder abschrecken, sich schlicht oder überschwänglich geben. Und er kann sogar mehr: Er kann zaubern, Dinge aus dem Nichts entstehen lassen – Orte, Klänge, Düfte, Farben, Visionen, Erinnerungen … ganze Welten.
Gerade diese Eigenschaften machen Text für Unternehmen unentbehrlich und unersetzlich: Er ist ein allmächtiges Instrument – gerade in der Marketingarbeit.

Künstlerische Textarbeit erschafft für Unternehmen lebendige Texte, deren ästhetische Werte nicht bloße Schönheit und Beiwerk sind, sondern Funktion. Ein lebendiger Text gibt die Positionierung eines Unternehmens nicht nur wieder. Er kann sie festigen, verändern, differenzieren, abgrenzen, nuancieren und sogar kreieren. Er bestimmt das Bild, das in den Köpfen entsteht – und damit die Identität des Unternehmens. Corporate Identity mag ihren Ausdruck in Design und Typographie finden. Wirklich geboren wird sie durch das Wort.

Künstlerische Textarbeit ist deshalb für Unternehmen wichtig, weil sie ihnen ein unverwechselbares Gesicht gibt. Sie schenkt ihnen eine Geschichte, eine Atmosphäre, eine greifbare Persönlichkeit, eine Farbe, einen Geschmack, einen Geruch.