03/12/21

Saisonales Schreiben und seine Bedeutung

Obwohl ich dieses Blog schon einige Zeit führe und ziemlich genau zeige, womit ich mich beschäftige, fällt es vielen Menschen schwer, zu begreifen, was ich tue. Im Grunde genommen fällt es ihnen eher schwer zu begreifen, was ich nicht tue. Ich frage mich manchmal, wie oft in den vergangenen Jahren ich berichtigend die Sätze aussprechen musste: „Ich bin aber nicht Texterin“, „Nein, ich schreibe keine Werbeclaims“. Wenn ich jedes Mal einen Euro dafür bekommen hätte … Nun ja, Sie wissen schon …

Künstlerisches Schreiben ist eine Grenzdisziplin und wird als solche missverstanden, ja unverstanden. Es hat sicher damit zu tun, dass immer das Bekannte und Naheliegende angenommen wird. Das Ungewöhnliche braucht Erklärungen.

Ein wichtiger Aspekt, der meinen Arbeitsprozess gut verdeutlicht, ist das saisonale Schreiben.
Im Gegensatz zu Textern brauchen Künstler die sinnliche Anregung, den Augenblick, die Unmittelbarkeit der Erfahrung.
Natürlich schreibe ich zuweilen auch aus der Erinnerung an diese sinnliche Wahrnehmung heraus, aber dennoch bleibt selbst in diesem Fall die Unmittelbarkeit wichtig, und es gibt immer einen konkreten Anlass, einen Auslöser, der die Erinnerung wieder regelrecht fühlbar, spürbar zum Leben erweckt und so die Unmittelbarkeit wiederherstellt: Es kann ein Licht, eine Farbe, ein Geruch, ein Zufall, ein Erlebnis, eine Begegnung sein – ja, so lächerlich und abgedroschen es klingen mag: eine Art Madeleine.
Texter sind in der Lage – und das ist mehr als nur bewundernswert –, über „tote“ Dinge zu schreiben, d.h. über Dinge, zu denen sie keinen sinnlichen Bezug haben und für die sie sich nicht einmal interessieren. Künstler dagegen brauchen die Lebendigkeit und die Echtheit der Erfahrung, um zu malen oder zu schreiben. Daran ändert auch die Notwendigkeit von Auftragsarbeit nichts.

Saisonales und damit künstlerisches Schreiben bedeutet in erster Linie, dass dem Schreiben ein Kontext gegeben werden muss: ein Raum, ein Ort, eine Stimmung, ein fassbarer Gegenstand, ein Wunsch, eine Situation, eine eindrucksstarke Erinnerung, ein Bild, ein Gefühl.
Der Unterschied zum Texter ist dem zwischen impressionistischer Malerei und moderner kaufmännischer Illustration oder Sketchnotes sehr ähnlich. Deshalb ist der Titel meiner Website „Impressionistische Texte“*. Während ein Maler auch bei Kommissionen ab einem Foto weiterhin in einem sehr erkennbaren Stil malt, kommt der Illustrator mit dem einfachen Befehl „Malen Sie mir ein paar Tomaten“ auch ohne lebendige Vorlage zurecht und greift dabei kontextfrei auf die Sicherheit seines handwerklichen Könnens und auf in seinem (Hirn-, aber auch Muskel-)Gedächtnis gespeicherte Muster und Schablonen zurück. Auch deshalb malt der Impressionist einen situativen Hintergrund, während der moderne kaufmännische Illustrator für die Bebilderung einer Speisekarte oder eines Supermarktprospekts etwa dies nicht braucht. Dies bedeutet nicht, dass einige Illustratoren nicht auch großartige Kunstwerke schaffen, bei denen der Unterschied zwischen Malerei und Illustration mitunter schwer zu erfassen ist oder sogar verschmilzt und die dem Betrachter zu Recht größte Bewunderung und Ehrfurcht abnötigen. Die Grenzen zwischen Tierporträts, botanischer Malerei und Illustration sind je nach Qualität in der Tat sehr fließend – hier wären viele Namen bemerkenswerter Künstler zu nennen. Aber in den meisten Fällen unterscheidet sich das Anliegen eines Illustrators, dessen Aufgabe es ist, Sushi-Häppchen auf eine Preisliste zu bringen, von demjenigen eines Kunstmalers in Auftragsarbeit.

Wenn potentielle Auftraggeber begreifen, dass ein wichtiger Teil meiner Arbeit saisonal ist, dann verstehen sie besser, was ich für sie tun kann und was nicht. Ich schreibe nicht auf Knopfdruck. Das können andere sehr viel besser. Ich fühle mich in den Textraum ein und gestalte ihn so, wie ich ihn erspüre. Ich erzähle von Stimmungen, Atmosphären – und sie sind nie von ihrem Kontext gelöst. Ein Hotelfenster im Winter erzählt nicht die gleichen Geschichten wie der Liegestuhl im Sommer oder die Frühstücksterrasse im Herbst. Die Gerüche des Weihnachtsmarkts sind nicht die des Apfelsaftfestes. Auch die Geräusche vor dem Hofladen folgen dem Rhythmus der Jahreszeiten.

Alles, was das Leben – auch meiner Auftraggeber – verändert, verändert auch die Texte, die ich für sie schreibe. Weil jeder Moment an einem bestimmten Ort einzigartig ist. Das ist saisonales, impressionistisches Schreiben. Nicht Texten.

*Dieser Satz bezog sich auf den Websitestand von 2021.

03/14/17

Einzigartigkeit erschaffen

Täglich habe ich beruflich mit Menschen zu tun, die drei Dinge gemein haben: Sie sind Kleinstunternehmer, sie haben in den frühen 90er Jahren als Dienstleister gegründet … und sie glauben in keiner Weise daran, dass ihr Unternehmen einen Sinn oder einen Wert hat. „Im Grunde machen wir auch nur das, was alle in der Branche machen“ ist dabei der Satz, den ich am häufigsten höre. Marketing habe für sie daher keinen Nutzen, lohne sich nicht, sie seien viel zu klein und austauschbar; sie seien darauf angewiesen, sich auf Mundpropaganda zu verlassen, sie könnten aktiv keine Neukunden generieren.

Diese desillusionierte Einstellung überrascht mich immer wieder und stimmt mich bis zu einem gewissen Grad verständnislos nachdenklich: Wenn sie derart der Ansicht sind, dass ihre geschäftliche Tätigkeit dem Markt und somit dem Kunden nichts zu bieten hat, was es nicht schon tausendfach gäbe, und sie ohnehin nie wieder auf den berühmten Grünen Zweig kommen können… warum bringen diese Unternehmer die Konsequenz nicht auf und schließen ihre Firma einfach?
Doch bei aller Unlogik ist ihre Denkweise andererseits nachvollziehbar, wenn auch erschreckend engsichtig, eingleisig, phantasielos und nicht mehr zeitgemäß.

Ihr deprimierender Defätismus ist hauptsächlich auf zwei Faktoren zurückzuführen.
Zum einen haben sie ihr Unternehmen zu einer Zeit ins Leben gerufen, als noch keine Nische notwendig war, um Erfolg zu haben, weil der Wettbewerb schlicht begrenzt und die Nachfrage unerschöpflich war. Das Internet steckte in den Kinderschühchen, Solopreneure hatten wenn überhaupt nur selten Websites, und die Konkurrenz setzte sich lediglich aus einigen wenigen Einträgen im Telefonbuch zusammen. Für den Kunden waren die Vergleichs- und Recherchemöglichkeiten beschränkt. De facto rekrutierte jedes Unternehmen seine Kundschaft in einem geographisch sehr übersichtlichen Umkreis und war eher als lokal zu bezeichnen. Zudem war der Bedarf an Dienstleistungen nach dem Übergang der EWG in die EG in vielen Branchen auf einmal riesig, und die entsprechenden finanziellen Mittel waren beim Kunden auch reichlich vorhanden. Die Wahrheit ist: Man musste nichts Besonderes haben, bieten, können oder wollen, um relativ bequem mitunter viel Geld zu verdienen.
Zwanzig bis fünfundzwanzig Jahre später ist die Realität allerdings eine ganz andere. Die Konkurrenz ist mausklicknah erreichbar und transparent – weltweit. Wer sich nicht von anderen zu unterscheiden weiß, wer von Anfang an plan- und imagelos lediglich mit dem damals günstigen Strom geschwommen war, ohne sich zu fragen, was morgen sein könnte, wer Produkt und Werbung nicht regelmäßig angepasst hat oder nun die Energie und das Interesse nicht aufbringen will, neue Wege zu gehen und sich neu zu positionieren, merkt auch wirtschaftlich sehr schnell, wie entbehrlich er für Markt und Kunde geworden ist. Überforderung, Frust und Verbitterung sind das Ergebnis.

Neben dieser fragwürdigen unternehmerischen Haltung ist das Missverständnis aber nicht zuletzt in gleichem Maße inhaltlicher Natur.
Gerade bei Unternehmern besagter Generation herrscht allgemein eine zwar charmant ehrliche, jedoch schmerzlich naive Auffassung dessen, was eine Nische ist – und es ist nicht minder erstaunlich: Während die meisten von ihnen im privaten Bereich der Überzeugung sind, dass sie mit Massenware einer bekannten schwedischen Möbel-Marke und einigen Gegenständen einer großen Deko-Accessoires-Kette wirklich ein individuelles, originelles und für sie typisches Zuhause gestalten können, das sie widerspiegelt und in dem sie sich auf gelungene Weise ausdrücken können, weigern sie sich zu glauben, dass durchaus zugängliche Mittel dazu beitragen können, sich in der Geschäftswelt einen sehr persönlichen und eigenständigen Platz einzurichten – wenn man sie nur zu suchen und zu finden weiß.

Selbstverständlich können Nischen im Sinne eines nie da gewesenen Produkts oder einer lang ersehnten Dienstleistung ein Weg sein, sich zu positionieren. Und natürlich handelt es sich hier nur noch um sehr wenige Ausnahmen – denn, wie die langjährigen Solopreneure es realistischerweise erkannt haben: In vielen Branchen ist alles schon mal da gewesen und bereits vorhanden.
Verkannt wird aber tragischerweise, dass nicht unbedingt das Produkt allein zu einer geldbringenden und langfristig kundenbindenden Aufmerksamkeit führen muss.
Einzigartigkeit ist in einer heutzutage immer bunteren, quirligeren und präsenteren Welt nicht mehr gegeben, sie muss erschaffen werden.
Einzigartigkeit kann und sollte so viel mehr sein als ein Inhalt.
Einzigartigkeit kann eine Geschichte sein, eine Idee, eine Farbe, eine Denkweise, ein Anspruch, eine Strategie, ein Werbemittel, eine Stimme, eine Persönlichkeit, eine Schrulle, ein Charakterzug, eine Pose und vieles mehr … Sie zu finden, aufzuzeigen, stimmig, verständlich, überzeugend und konsequent zu vermitteln, zu einem „Stempel“ zu verklären, bedeutet Selbstreflexion und Arbeit. Eben in diesem Kontext ist ein künstlerischer Ansatz hilfreich, denn die Kunst ist und bleibt die Suche nach dem Ungewöhnlichen, dem Unverwechselbaren, der eigenen prägnanten und unter Tausenden einzigartigen Handschrift.

Gerade deshalb ist künstlerische Arbeit in diesen disruptiven Zeiten so wertvoll. Wenn ich auf TextLoft mit einem Kunden aus der Wirtschaft zusammenarbeitet, ist das, was aus der eigenen Persönlichkeit des Unternehmens und dem besonderen Blick des Künstlers entsteht, genau die Wiedererkennbarkeit, die als „Marke“ bezeichnet wird und die den Unterschied zwischen gesichtsloser Masse und nachhaltigem Erfolg bedeutet.

03/21/16

Was künstlerische Textarbeit dem Unternehmen bieten kann

Für Start-ups und Kleinunternehmen ist es selbstverständlich, Logo, Visitenkarten, Briefpapier, Internet-Layouts, Firmenschilder, Büroeinrichtung und dergleichen mit der größten Sorgfalt auszusuchen.

Dies ist nachvollziehbar: Das grafische Erscheinungsbild ist ein wichtiger Ausdruck des Selbstverständnisses und soll zu einer systematischen Wiedererkennbarkeit, einer eindeutigen Vermittlung der Unternehmensphilosophie, einer subtilen Zielgruppenbestimmung und -eingrenzung, und einer starken und einzigartigen Positionierung beitragen. Dementsprechend wird der Zusammenarbeit mit Designern eine hohe Aufmerksamkeit und Wertstellung zuteil.
Doch die Identität eines Unternehmens lebt nicht von optischen Botschaften allein.
Vielmehr sind diese ohne eine gleichwertige textliche Gestaltung nur ein leerer Raum. Texte erst verleihen dem grafischen Auftritt eine Struktur, eine Stimme, eine Persönlichkeit.
Die textliche Unternehmensidentität sollte daher mit derselben Sorgfalt, Leidenschaft und Kompromisslosigkeit durchdacht, ausgesucht und erarbeitet werden, die auch den optischen Merkmalen gewidmet wird.

Ob unkonventionell, zeitlos, charakterstark, kompromisslos originell, klassisch, anspruchsvoll, individualistisch, stimmungsvoll, sachlich, ausdrucksstark, emotional, puristisch, künstlerisch, überschwänglich …
Die Texte, die das Unternehmen nach außen darstellen, sollten in ihrer Tonart und Farbgebung genau wiedergeben und vermitteln, wie es wahrgenommen werden möchte. Sie müssen der prägnante, stimmige und schlüssige Ausdruck des Images sein, das es anstrebt. Nur so entsteht die Art von Glaubwürdigkeit und Wiedererkennbarkeit, die als Authentizität bezeichnet wird.

Es ist das, was ich tue: Mit den Werkzeugen der künstlerischen Textarbeit richte ich Ihren ganz persönlichen Text-Raum individuell ein – durch die Ausarbeitung  einer konsequenten, differenzierten und wiedererkennbaren sprachlichen Klang- und Farbgebung, die Definition einer eindeutigen und einzigartigen Positionierung über individuelle und originelle Texte, die Vermittlung einer nachvollziehbaren und überzeugenden USP.

So stellt sich eine persönliche emotionale Ansprache ein. Ideale Orte und Welten der Markenbildung und Kundenbindung entstehen. Produkte, Leistungen, Projekte werden zu faszinierenden und lebendigen Geschichten, die inspirieren, Träume anregen und Begierde wecken und dem textlichen und virtuellen Verkaufsraum originelle Ideen eröffnen.

Ihr Unternehmen wird unverwechselbar, Ihre Kommunikation wird unvergesslich.

09/7/14

Der Kreative und das Pflichtbewusstsein

Zu meinen ausgeprägten Charaktereigenschaften gehört ein außergewöhnliches Maß an Selbstdisziplin und ein sehr hartnäckiges Pflichtbewusstsein. Während ich Erstere als meine wichtigste Waffe empfinde und dankbar dafür bin, dass sie mir in sehr schweren und dunklen Zeiten immer geholfen hat, trotz gesundheitlicher Behinderung unbeirrt meinen Weg zu gehen, ist Zweiteres eher kontraproduktiv. Zugegeben: Ich hatte nie Probleme, einen Abgabetermin einzuhalten und bin meistens reichlich zu früh mit einem Auftrag fertig, aber von dieser praktischen Seite mal abgesehen, muss ich in dieser Hinsicht jeden Tag aufs Neue lernen, gegen meine eigene Natur zu kämpfen. Schließlich gibt es für Selbständige immer etwas zu tun. Sind Aufträge und Buchhaltung erledigt, geht die Suche nach neuen Auftraggebern weiter. Ich bin zwar alles andere als ein Workaholic, aber solange mir mein Kontostand keine absolute Sicherheit für mindestens ein Jahr signalisiert, plagt mich das schlechte Gewissen, wenn ich auch nur daran denke, mir ein paar Stunden freizunehmen. Rekreative und regenerierende Tätigkeiten wie Malen, Lesen oder Sozialleben bleiben auf der Strecke, und ich kann mich auch nicht mit der Ausrede überlisten, sie würden der weiteren Arbeitsfähigkeit dienen. Das schlechte Gewissen ist lauter als die Vernunft.
Es war in früheren Zeiten anders  – nicht zuletzt, weil mir sogar Kunden vor Augen führten, dass ich zu viel arbeite, und es nicht normal sei, dass ich Tag und Nacht am Schreibtisch zu erreichen sei. Damals war es auch kein Problem, einen Arzt- oder Frisörtermin oder einen Einkaufsbummel mitten am Nachmittag einzurichten. Diese Zeiten sind vorbei. Begünstigt durch technische Mittel, deren Nutzen längst das richtig Maß verloren hat, hat sich Leistungsethik immer stärker in unsere Gesellschaft eingeschlichen. Dieselben Kunden, die mich einst regelrecht dazu aufforderten, frische Luft schnappen zu gehen, sind heute ungehalten, wenn ihre eMail wegen eines kleinen Abstechers über die Toilette nicht klickwendend beantwortet wird. Die schlechte Presse, der Freie und Künstler immer mehr und immer aggressiver ausgesetzt werden, tut ihr Übriges. Ist man „von Haus aus“ ohnehin für eine strenge Arbeitsmoral anfällig, wird es heikel. Das Gefühl, immer zu wenig zu tun, wird zum Dauerzustand.
Für Trost und gute Laune sorgte ganz unverhofft ein zufällig entdecktes Interview mit dem Comiczeichner Giorgio Cavazzano, der auf die Frage nach seinem Tagesablauf ausführlich erklärte, wie er konsequent die Pausen einhält, die sowohl zur Erhaltung seiner kreativen und physischen Leistungsfähigkeit als auch eines ausgeglichenen Sozial‑ und Privatlebens nötig sind. Seine Arbeitszeiten von 9 bis 13 Uhr und von 15 bis 17 Uhr bieten Raum für Golfpartien und Treffen mit Freunden am Mittag, und der nicht verhandelbare Feierabend ermöglicht ihm, sich seiner Familie zu widmen.
Tatsächlich entsprechen diese sechs Stunden sehr konzentrierter Kreativität ziemlich genau dem, was meiner Erfahrung nach als gesundheitlich wünschenswert betrachtet werden kann. Hier darf nicht vergessen werden, dass das selbstvergessene, ablenkungsfreie Arbeiten eines Kreativen nicht mit einer normalen Bürotätigkeit verglichen werden kann und darf. Sie ist wesentlich intensiver und dadurch geistig und körperlich deutlich anstrengender. Es ist etwa so, als würde man Leistungssport auf höchstem Niveau betreiben oder aber hobbymäßig joggen.
Auch wenn es mir im Gegensatz zu Herrn Cavazzano nicht so bald gelingen wird, mich ab und zu zu einer freien Stunde zu überreden oder meinen Auftraggebern gegenüber einen erstrebenswerten Rhythmus durchzusetzen, so hat mich doch dieser Artikel bestätigt, getröstet, bestärkt und mir auf erfrischende Weise Mut gemacht. So müsste es wirklich sein  – und ich halte mich zur Zeit ein wenig an seinen Worten fest.

07/1/14

Die Bezeichnung „Textkünstlerin“

Eine gute Freundin zeigte sich neulich darüber überrascht, dass ich auf meiner Website als Berufsbezeichnung nunmehr „Textkünstlerin“ eingetragen habe. Sie schickte sich schon an, mich für ein ganz atypisches und möglicherweise neu entdecktes Selbstwertgefühl zu loben – vorschnell und ungerechtfertigterweise allerdings, denn es handelt sich dabei um eine sehr pragmatische und offen gestanden ungeliebte Entscheidung und den Versuch, Klarheit zu schaffen.

Als ich das Projekt „TextLoft“ ins Leben rief, ging es vor allem darum, Texten und Textkäufern einen Raum zu geben, in dem die ästhetischen Werte, also die Schönheit des Produkts „Text“, im Vordergrund stehen. Was für mich ganz selbstverständlich ist, muss für andere aber nicht notwendigerweise einleuchtend sein – erst recht nicht, wenn man bedenkt, dass ich damit einen sehr eigenwilligen und im deutschen Sprachraum erstmaligen Weg gehe.
Eine Berufsbezeichnung ist nichts an sich Wichtiges, sie ist nur ein Wort. Nichtsdestotrotz kann sie hilfreich sein, um eine bestimmte Art von Leistung von anderen, mit ihr eng verwandten, abzugrenzen und das eigene Selbstverständnis in kurzer und prägnanter Form darzulegen.
Ich bin nicht Schriftstellerin, denn ich schreibe und veröffentliche nichts, was annähernd literarischen Kriterien entspräche.
Ich bin auch nicht Autorin – auch wenn ich in der Vergangenheit an einigen Publikationen mitgearbeitet habe. Dass ich Kriminalromane schreibe, ist eine Freizeitbeschäftigung, die nichts mit einer bezahlten Tätigkeit zu tun hat.
Ich bin auch nicht Texterin, Copywriter oder Werbetexterin. Ich entwickle keine Claims und schreibe nicht nach Vorgaben und einer kurzen Einarbeitungszeit alltagstaugliche Texte zu jedem beliebigen Thema.

Für mich ist das Schreiben die Fortsetzung der Innenarchitektur, der Malerei, der Bildhauerei, der Fotografie mit anderen Mitteln.

Wenn ich im Auftrag schreibe, dann in meinem eigenen, erkennbaren Stil und innerhalb einer bestimmten Auswahl an Themen, die mit diesem Stil harmonieren. Ähnlich verhält es sich, wenn ein Maler oder ein Bildhauer gebeten werden, ein Porträt oder eine bestimmte Dekoration anzufertigen. Im fertigen Werk bleibt im Rahmen der Auftragsbeschreibung und der Wünsche des Kunden ihre Handschrift immer präsent, deutlich und unverwechselbar – auch Jahrzehnte später werden das Bild oder die Skulptur mühelos dem Künstler und nicht seinem Auftraggeber zugeordnet. Der Sinn von TextLoft ist es, genau diese Art von Arbeiten zu erschaffen, und in dieser Hinsicht ist mein Ansatz kein primär kaufmännischer, sondern ein künstlerischer – sei es als Artketing für Unternehmen oder als Texte für Künstler oder Kunst- und Kulturorganisationen oder in meiner Eigenschaft als Kunstschriftstellerin.

Dass ich mich also als Textkünstlerin bezeichne, ist zum einen nur ein Wort, weil Berufsbezeichnungen in einer positionssüchtigen Welt nur einmal verlangt und erwartet werden. Im Inhalt ist diese Bezeichnung wiederum vor allem der Ehrlichkeit geschuldet und soll Interessenten helfen, zu verstehen, was ich ihnen anbieten kann und was sie bei mir nicht bekommen. Künstlerische Arbeit ist nämlich auch immer mehr oder weniger genregebunden. Ich schreibe keine Sockenbeschreibungen für einen Versandkatalog, blogge nicht über elektronische Geräte oder Investment. Sehr wohl aber kann ich einem Restaurantbesitzer helfen, seine Spezialitäten so vorzustellen, dass der Leser sie zu schmecken meint, Touristen die Stimmen eines ganzen Landes plastisch und greifbar vermitteln. Ich (be)schreibe Stimmungen, lasse Assoziationen entstehen.
Ich tue also genau das, was Künstler eben tun: Augenblicke und Bilder einfangen und teilen. Und ja: Ein Hinweis auf meine Preisvorstellungen ist diese Berufsbezeichnung auch, denn für 0,02 €/Wort arbeite ich nicht.

Außerdem hat meine Arbeit andere Aspekte. Wie auf meiner anderen Website zu sehen ist, arbeite ich auch an Projekten, die weder der Textarbeit im üblichen Sinne noch der Schriftstellerei zuzuordnen wären. Es sind zweckfreie Texte, die als in sich (ab)geschlossen zu betrachten sind, die ausgestellt oder einzeln als „l’art pour l’art“-Miniaturen oder Sammlung erworben werden können, die keine Geschichte erzählen, nicht veröffentlicht werden, sondern die kleinen und schönen Dinge des Lebens einfach festzuhalten versuchen.

So fügt sich ein Mosaik zu einem Begriff zusammen. Wohl fühle ich mich damit zugegebenermaßen ganz und gar nicht. Er klingt merkwürdig und hochtrabend. Vielleicht sogar ein wenig lächerlich. Aber er trifft den Kern der Sache.