Der Füllerkauf – eine Datinghölle

Erst kommt das Speeddating im Schreibwarengeschäft, das erste Händchenhalten und dann der Versuch, zu ermitteln, ob man mit einander auskommt. So betrachtet ist ein Füllerkauf nicht anders als ein Spießrutenlauf in der Datinghölle. Schließlich soll in beiden Fällen idealerweise eine Verbindung fürs Leben geknüpft werden – und so fragt sich mancher, ob es wirklich für jedes Töpfchen das passende Deckelchen gibt, sprich: ob jeder überhaupt den für ihn geeigneten Füller finden kann.
Viele Menschen denken in der Tat, dass sie niemals mit einem Füller schreiben können werden. Sie haben es ein paar Male ausprobiert und kamen nicht zurecht. Dies trifft insbesondere auf Frauen zu, die behaupten, Füller seien immer zu dick und zu schwer oder würden zu breit schreiben.
Auch wenn es stimmt, dass einige Hersteller – vergleicht man das Sortiment mit dem Angebot der 70-er und 80-er Jahre – schmale und leichte Produkte nur noch selten im Programm haben, ist dies aber ein typisch deutsches Problem, genauer gesagt: ein vom deutschen Handel geschaffenes Problem. Tatsächlich gibt es immer wieder – auch unabhängig von Moden, denen Füller auch durchaus unterliegen – für die kleine Hand geeignete Schreibgeräte, aber sie werden von den Händlern kaum berücksichtigt und bei Vertreterbesuchen links liegengelassen. Dies hat zwei Ursachen: Zunächst wird davon ausgegangen, dass Kinder durch den Standard-Schulfüller ein für allemal daran gewöhnt werden, mit großen Durchmessern umzugehen und diese zwangsläufig auch später bevorzugen müssen. Desweiteren herrscht der Glaube, dass der übliche Füllerkäufer männlich sei. Schließlich wird vorausgesetzt, insbesondere teure Schreibgeräte würden nicht zum täglichen Gebrauch gekauft, sondern entweder als Sammel- und Repräsentationsobjekt, oder würden nur gelegentlich für kurze Texte benutzt.
Wie dumm die erste Annahme ist, muss kaum erläutert werden. Was für die kindliche Motorik und die ersten Schritte im Üben der Schulschrift geeignet ist, ist für einen Erwachsenen genau so angemessen wie Babyschühchen. Sind eine individuelle Handschrift und Schreibgeschwindigkeit entwickelt, bedingen sie andere Erfordernisse, denen die Form und Größe eines Schulfüllers nicht mehr gerecht werden können.
Die zweite Annahme wiederum hat einen etwas komplexeren Hintergrund. Ein Blick in einschlägige Internetforen könnte in der Tat zu der Vermutung verleiten, nur Männer würden mit Füllfederhaltern schreiben. Frauen sind dort sehr wenig bis gar nicht vertreten bzw. nur sporadisch aktiv und auch deutschsprachige Blogs zu diesem Thema werden mehrheitlich von Männern geführt. Hier werden Ursache und Wirkung verwechselt: Während in England, Frankreich, Italien und den USA mehr Frauen täglich mit Füllern schreiben als Männer, ist das Verhältnis in Deutschland umgekehrt – gerade weil passende Schreibgeräte seltener angeboten werden und Frauen also oft einige Schwierigkeiten haben, den richtigen Partner fürs Leben zu finden.
Diese Diskrepanz zwischen den Geschlechtern in Deutschland erklärt auch, warum teure Schreibgeräte nicht als Alltagsinstrument aufgefasst werden. Männer und Frauen verhalten sich hier erheblich anders: Während Frauen Luxus als Teil ihres Alltags betrachten und sich nicht scheuen, einen besonderen Füller für alle Aufgaben zu nutzen, verwenden Männer eher unterschiedliche Schreibgeräte und sehen Füller eher als Vorzeigeobjekt.
Wie beim Dating auch haben Männer und Frauen also verschiedene Erwartungshaltungen. Welche Kriterien die Suche ein wenig erleichtern können, wird im nächsten Artikel zusammengefasst.