Axel Malik – Die skripturale Methode

kornhaus2_011

Seit 1989 schreibt er. Täglich. Auf Papier, auf Blätter, die er zu Tagebüchern bindet, auf lange Nesselbahnen … Mit Tinte, mit Acryl … Er schreibt unaufhörlich. Neuerdings nicht mehr nur schwarz auf weiß, sondern auch weiß auf weiß und schwarz auf schwarz.

Wenn Axel Malik von seinem Kunstprojekt „Die skripturale Methode“ erzählt, redet er von Zeichen und von Bewegung. Aber es geht hier weder in der Entstehung noch in der Rezeption um den sinnlichen Ansatz der modern-kalligrafischen Individualisierung, noch um den introspektiven, ja psychoanalytischen Selbstversuch eines André Breton.
Es geht um Dynamik, um die Reflexion über die eigenen Schreibbewegungen, um die im Augenblick des Schreibens aufkommende, erspürbare Spannung. Während die geschriebenen Linien in ihrer Regelmäßigkeit ruhige und ästhetische Harmonie vortäuschen, ist der Strich nervös fokussiert, doch nicht zerstörerisch hastig – eher zwanghaft fragend, rastlos und aufmerksam suchend.

Axel Malik schreibt nicht, um „etwas“ zu schreiben. Er schreibt, um der Schrift Raum zu geben, um sie jenseits der Zwänge von Graphemen, Stimmungen und Absichten freizusetzen und frei zu setzen, um ihr ihre ganze Ursprünglichkeit zurückzuschenken, um auf sie zu horchen und sie in ihrer eigentlichen Sprache zu Wort kommen zu lassen, um sie zu erleben.
Hier werden keine Glyphen oder sonstigen bekannten Zeichen verfremdet oder künstlerisch distanziert auf eine andere Ebene transponiert. Axel Malik erfindet keine neue Schrift im Sinne eines Codes, keine Logogramme, kein System. Im Gegenteil.
Er lebt die Freilegung und Verwirklichung der Reinen Schrift.

Frei, nackt, bloß – bar von Inhalten und zielgerichteten Aufgaben wird die Schrift sowohl als Ästhetikum in seiner reinsten Form greifar, wenn man die Werke von weitem betrachtet, als auch aus der Nähe angaffbar und sezierbar, und gewinnt auf diese Weise ihre Unschuld zurück.
Die Einhaltung von geraden Linien ist kein Tribut an die Tradition, kein Kompromiss, keine Konvention. Sie ist Respekt, Demut und Halt. Es ist die Selbstdisziplinierung des Künstlers, der sich vollständig zurücknimmt, die der Schrift zu einer losgelösten, in dieser Hinsicht profund authentischen Identität jenseits aller Sprachen verhilft und als Mittler einer wahren Schrift fungiert.

Die Analysierbarkeit liegt nicht in Textualitäten, sondern in der Erfahrbarkeit des Schriftstrichs. Lesbarkeit bedeutet hier Erfühlbarkeit von Geschwindigkeit, Abschreitbarkeit von Prozessen – für den Künstler wie für den Betrachter.
Nicht nur visuell. Auch akustisch.
Der Klang beruht allerdings nicht auf dem Wandel von Graphemen zu Phonemen. Dieser ist nicht möglich. Aber die Geräusche, die bei den Setzungen entstehen und in den Installationen mitunter als Hörmaterial zur Verfügung stehen, machen den Prozess auf jeder Ebene der Sinne erlebbar und verdichten sogar das Zeitkonzept des Schreibens. Der Schrift zuhören sollen Besucher genau so, wie Axel Malik es selbst beim Schreiben tut.

Man ist leicht versucht, seine Werke als Bilder zu bezeichnen, denn das Ergebnis dieser Suche nach der absoluten Erfahrbarkeit eines jeder Intendierung beraubten Schreibprozesses ist auch ohne den Hintergrund der künstlerischen Absicht durchaus ein hoch ästhethischer Genuss. In der Tat bilden die Setzungen optische Einheiten aus Seiten, Bahnen, Friesen, Blow Ups, die Zeichen erscheinen in Familien gruppiert.
Und doch entzieht sich seine Kunst auch hier der Begrifflichkeit – nicht zuletzt, weil die Skripturen sowohl einzeln als in ihrer zeitlichen Reihenfolge und auch im Vergleich zueinander gesehen werden können und sollten: „Die skripturale Methode“ ist ein nie abgeschlossenes Projekt und sollte als solches begriffen werden.

Für weitere Informationen:
www.die-skripturale-methode.de
www.galerielindehollinger.de

Papier – Tinte – Schrift dankt ausdrücklich und sehr herzlich Herrn Malik für seine außergewöhnliche Freundlichkeit und Gesprächsbereitschaft und für seine Unterstützung im Rahmen der Redaktion dieses Artikels durch die Bereitstellung von Katalogen und Abbildung.
Der Dank geht ebenfalls an die Galerie Linde Hollingen, die den Künstler vertritt und den Kontakt zu Herrn Malik auf ausgesprochen unbürokratische Weise ermöglicht hat.

Urheberrechte für die Abbildung liegen bei Axel Malik.