Schneetreiben

Das TextLoft versinkt im Schnee.

Zum ersten Mal seit Jahren hat es drei Tage lang fast ununterbrochen geschneit. Eine so dichte weiße Decke hatte Münster lange nicht mehr gesehen. Klein, aber beharrlich und fleißig haben sich die Flocken bis in jede noch so kleine Ecke gewagt, bis ihnen nichts mehr widerstand. Auf den pinkfarbenen Alpenveilchen, die auf der Terrasse seit September reich und unaufhörlich blühten, den antiken Regalen des Töpfchengartens und dem Stroh, das die in der milden Novembersonne zu früh gekeimten Tulpen schützt, bilden sie nun ein malerisches Bild. Und doch vermag es die Schönheit des Augenblicks nicht ganz, die Kälte vergessen zu lassen. Stunde um Stunde wird die Welt ebener und ruhiger, verschlossener, verlorener.

Bei molliger Wärme am Schreibtisch ließe sich der ungewöhnlich gewordene Anblick sicher genießen.
Doch das Loft ist zugig.
Sehr zugig.
Der Versuch, dem eisigen Wind, der durch Fensterrahmen und undichtes Mauerwerk unerbittlich und stetig eindringt, mit Zeitungspapier und ähnlichen Vorrichtungen beizukommen, gelingt fast. Wäre da nicht die wütende Luft. Kaum ist eine undichte Stelle erfolgreich verschlossen, gibt sich die Luft gereizt und rächt sich, indem sie andere, immer neue Ritzen nutzt, um das Loft mit noch mehr Kraft zu belagern, bis es aufgibt und die Eroberung zulässt. So bleibt nur die Flucht unter flauschige Decken, um die Arbeit am Schreibtisch einigermaßen erträglich zu machen – wenn auch abends trotz des warmen Stoffs der verkühlte Nacken und das Kreuz steif geworden sind und schmerzen und die eiskalten Finger die schnellen Bewegungen auf der Tastatur nicht mehr spüren.

Der rassig-röstige Duft aus der Caffettiera und das dunkle Aroma des Kakaos erfüllen tröstend und rettend den Raum, während draußen die Verwehungen unbarmherzig stärker werden und das Kerzenlicht bemüht so etwas wie Geborgenheit vortäuscht.
Geduldig und demütig wartet das TextLoft auf den Frühling.